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Illustration unterschiedliche Häusertypen auf Europa-Flagge

Wohneigentumskultur – so fördern europäische Nachbarn

Statistiken zeigen „Knapp drei Viertel der Bevölkerung würden am liebsten in den eigenen vier Wänden wohnen“ – dennoch ist Deutschlands Wohneigentumsquote mit 47 Prozent unter den 27 Staaten der Europäischen Union Schlusslicht.* Noch niedriger liegt in gesamteuropäischer Betrachtung nur der Sonderfall Schweiz.** Doch wie kommt‘s eigentlich, dass Deutschland als „Mieternation“ so führend ist? Und was tun andere Länder, um mehr Menschen ins Eigenheim zu helfen, was letztlich auch der Altersvorsorge zugutekommt?

Dass Deutschland so ein ausgeprägtes „Mieterland“ ist, hat auch historische Ursachen. Wiederholt gab es im Laufe der Zeiten starke Bevölkerungszuströme: Im Zuge der Industrialisierung gegen Ende des 19. Jahrhunderts beispielsweise, zog es hier viele auf der Suche nach Arbeit in die Städte. Menschen, die dann alle irgendwo wohnen mussten. Schnell wurden sogenannte „Mietskasernen“ für die Arbeiter und ihre Familien hochgezogen – denn Eigentum war von den Löhnen kaum erschwinglich.

Später herrschte nach dem zweiten Weltkrieg, als enorme Zuwanderungen aus östlichen Gebieten im Westen auf ausgebombte Städte trafen, große Wohnungsnot. In den 1950er Jahren begann man mit massivem Mietwohnungsbau – wobei viele der heute noch bestehenden genossenschaftlichen wie auch staatlich geförderte Wohnungen entstanden. Auch im sozialen Wohnungsbau lag der Fokus aber auf dem Mieten statt Wohneigentum zu fördern.

Das alles prägte Deutschlands Mietermentalität – untermauert mit vergleichsweise hohen Mieterschutzstandards, was zum Beispiel Kündigungen oder ungeregelte Mieterhöhungen betrifft. So kann hierzulande auch das gemietete Zuhause eine recht sichere „Dauerbleibe“ sein. Und es ist nicht unüblich, sogar ein ganzes Haus mit Garten (quasi schon wie Eigentum) zu mieten. Aber ebenso ist die bewusste Entscheidung, ein attraktives Objekt (dass man sich zum Kauf womöglich gar nicht leisten könnte) zugunsten eines aufwendigeren Lebensstils mit Urlauben, schickem Auto und sonstigen Annehmlichkeiten lieber zu mieten, eine gesellschaftlich gängige Alternative.

Zur historischen „Hypothek“ kommen heute erschwerte Rahmenbedingungen hinzu – wie hohe Immobilienpreise (angeheizt auch durch Bodenspekulation), enorme Baukosten, eine Vielzahl regulatorischer Vorschriften zur Bauweise und beachtliche Nebenkosten: Etwa zehn bis fünfzehn Prozent vom Kaufpreis sind in Deutschland derzeit zu diesem noch hinzuzurechnen – im Wesentlichen für die Grunderwerbsteuer (je nach Bundesland beläuft sich diese von 3,5 bis zu 6,5 Prozent – in Hessen sind es 6 Prozent), Notar und Grundbuchamt (etwa 1,5 bis 2 Prozent) sowie gegebenenfalls noch Maklerprovision (üblicherweise zwischen 3 und 7,14 Prozent).

Nicht zu vergessen: die Kosten der Finanzierung. Deren Höhe variiert auch in Abhängigkeit davon, wie viel Eigenkapital (zum Beispiel aus Ersparnissen) mit eingebracht wird. Als Faustregel sollten das etwa 20 bis 30 Prozent der Gesamtkosten, mindestens aber die Kaufnebenkosten sein. Je höher der Eigenanteil, umso günstiger kann über (das) zusätzliche Darlehen finanziert werden: Zum einen, weil mit mehr Eigenmitteln ein geringerer Darlehensbetrag benötigt wird. Zum anderen aber auch, weil Banken innerhalb der ersten 60 Prozent des ermittelten Beleihungswertes einer Immobilie kaum ein Risiko eingehen, dieses Geld im Falle einer notwendigen Verwertung des Objekts (Zwangsversteigerung) nicht wieder herauszubekommen – falls etwa Kreditraten nicht mehr bezahlt werden (können). Entsprechend fließt dieser Darlehensanteil wegen des geringeren Risikos günstiger in die Gesamtkalkulation der Zinskosten ein. Beim „Ausfallrisiko“ setzen zum Beispiel die Maßnahmen der Niederlande und Luxemburgs zur Wohneigentumsstärkung an:***

Luxemburg unterstützt den Erwerb, Bau und Renovierung von Immobilieneigentum als Hauptwohnsitz durch staatliche Bürgschaften über bis zu 40 Prozent (maximal 294.824,40 Euro) des Kaufpreises – und senkt damit das Ausfallrisiko darlehensgebender Banken. So haben auch Haushalte mit weniger Eigenkapital die Möglichkeit, eine (bezahlbare) Immobilienfinanzierung zu erhalten. Für den Staat führt dies unmittelbar nicht zu Ausgaben – was bei vereinbarter Rückführung des Darlehens auch so bleibt.

Auch für Deutschland sind solche Bürgschaften vom Bund oder den Ländern zur Finanzierungserleichterung für selbstgenutztes Wohneigentums denkbar – gegebenenfalls auch mit Obergrenze, nach Einkommen gestaffelt, mit Nachweis eines bestimmten Sparverhaltens wie auch verbindlich einzubringender Eigenleistungen: Regeln, die dazu dienen, Fehlanreize zu vermeiden – etwa, dass Menschen mit der Länderbürgschaft sonst vielleicht zu unbesonnen über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse hinausgehen.

Die Niederlande haben das Angebot der Nationalen Hypothekenversicherung (Nationale Hypotheek Garantie) für private Immobilienkredite: Unter bestimmten Voraussetzungen sichert diese Eigenheimkredite bis zu 435.000 Euro bzw. 461.600 Euro bei energieeffizienten Gebäuden für eine vergleichsweise geringe Prämie von 0,6 Prozent der Kreditsumme gegen Zahlungsausfallrisiken ab. Kommt es durch Arbeitslosigkeit, Scheidung, Krankheit oder Tod beispielsweise zum Ausfall, übernimmt diese Versicherung die Kreditraten. So senkt auch die Hypothekenversicherung das Ausfallrisiko für Banken, wodurch es ihnen möglich ist, fehlendes Eigenkapital in bestimmtem Rahmen durch eine höhere Finanzierung auszugleichen. Auf diese Weise öffnet das für Haushalte mit geringeren Ersparnissen hier ebenso die Tür zum Eigenheim.

Die Einführung einer staatlich unterstützen Hypothekenversicherung zur Förderung der Wohneigentumsbildung kann als ergänzende Maßnahme auch für Deutschland in Betracht kommen. Über die Kombination bestimmter Vorgaben bezüglich Einkommen, Beleihungsgrad und Objekteigenschaften lassen sich soziale und nachhaltige Aspekte mit einbringen. Die Einführung erfordert allerdings eine gewisse Vorlaufzeit, da es der Schaffung einer geeigneten rechtlichen Infrastruktur und Kooperationsvereinbarungen mit den Banken bedarf.

England und Nordirland, wo die Wohneigentumsquote um die 65 Prozent liegt, fahren mit einem Stufenmodell bei der Grunderwerbsteuer (Staffelung des Steuersatzes je nach Objektpreis) einen anderen Ansatz: Damit werden Kaufende entlastet, die sich (allenfalls) ein günstigeres Eigenheim leisten (können). Bei Ersterwerb fällt diese „Stamp Duty Land Tax“ für bis zu 425.000 Britische Pfund ganz weg, sofern der Kauf 625.000 Britische Pfund nicht übersteigt!****

Vorschläge zu einer vergleichbaren bundesweiten Staffelung mit Ersterwerberfreibetrag gibt es auch für Deutschland. Eine Länderstaffelung ist ebenso denkbar. Herausfordernd ist die Koordination der einheitlichen Umsetzung.

Im belgischen Flandern besteht eine Portabilität (Übertragbarkeit) der Grunderwerbsteuer: Einmal für ein Eigenheim entrichtete Grunderwerbsteuer wird beim Umzug in ein anderes selbstbewohntes Objekt in bestimmtem Maße angerechnet. Zu den Bedingungen gehört, dass das vorherige Eigenheim dann innerhalb von zwei Jahren verkauft wird. Mit diesem Modell wird dem Bedarf unterschiedlicher Lebensphasen Rechnung getragen: Zum Beispiel, wenn Eltern, die mit ihren Kindern bislang ein größeres Haus bewohnten, nach deren Auszug in eine kleinere Eigentumswohnung umziehen möchten. Die Steueranrechnung erleichtert diesen Schritt.

Auch in Deutschland könnte dies zu einer bedarfsgerechteren Wohnraumnutzung beitragen – was allerdings mit Verwaltungsaufwand einhergeht, da Finanzbehörden die jeweiligen Wohnverläufe mit allen Fristen und Ansprüchen nachvollziehen müssen. Zudem ist dies keine Förderung für den Ersterwerb – also um es überhaupt erst einmal von der Miete ins Wohneigentum zu schaffen. Insofern zahlt diese Maßnahme nicht unmittelbar auf die Wohneigentumsquote ein.

*    Angaben basieren auf Ergebnissen der Sparda-Studie Wohnen in Deutschland 2025 *** (Herausgeber: Verband der Sparda-Banken e. V.)

**  In der Schweiz war es bis 1965 nur möglich, ganze Häuser zu kaufen – aber keine einzelnen Wohnungen. Daher konnte man diese bis dahin nur mieten, Eigentumswohnungen gab es nicht. Insofern ist die Schweiz mit einer Wohneigentumsquote von etwa 36 Prozent gesondert zu betrachten.

***  Zwar liegen beide Länder mit der Wohneigentumsquote von 69 Prozent (Niederlande) und 63 Prozent (Luxemburg) immer noch signifikant höher als Deutschland – befinden sich aber unter den 27 ausgewählten europäischen Vergleichsländern der Wohnstudie 2025* ebenso im unteren Drittel.

**** 1 Pfund Sterling (GBP = Britisches Pfund) entspricht 1,15 Euro (Stand: 16.07.2025).

 

29.07.2025